Eine lehrreiche Sitzung
Bericht über die Sitzung
des Klima-Controlling-Ausschusses
der Bremer Bürgerschaft vom 13.01.2023
Der Klima-Controlling Ausschuss, der die Umsetzung der Vorschläge der Enquetekommission für das Land Bremen“ begleitet und überwacht, hatte zu der öffentlichen Sitzung geladen.
Wir waren dabei und berichten.
Eigentlich ist jeder einzelne Punkt berichtenswert, wir wollen uns hier auf einen für uns wesentlichen konzentrieren:
Ein Tagesordnungspunkt war: „Klimafreundliche Wärmeversorgung und diesbezügliche Zukunftspläne für das Land Bremen“ – Erläuterung durch Dr. Karsten Schneiker, Vorstand Technik der swb
Einige Basisinformationen dazu:
Nach Angaben des statistischen Landesamtes Bremen gab es am 9.Mai 2011 im Land Bremen 140.130 Gebäude mit 350.792 Wohnungen. Davon entfielen auf Bremen Stadt 118.743 Gebäude mit 286.205 Wohnungen. 78,3% der Gebäude im Land Bremen wurden vor 1978 errichtet (93.000 Gebäude), und 32% vor 1949 (38.000 Gebäude). (vgl. strategien-und-potenziale_gesamtstudie-finale_fassung_06.07.2021; Prof. Dipl.- Ing. Ingo Lütkemeyer, e.a.,)
Wesernetz geht in der ihrer Broschüre “Wärmestrategie“ von einem Gesamtwärmebedarf im Land Bremen von rd 8000 GWh p.a. für rd 150000 Häuser aus.
Dr. Schneiker berichtet, dass die swb in der Stadt Bremen rd 15% der Häuser bereits mit Fernwärme versorgt. Die swb sind, wie Dr Schneiker sagt, nur an den großen Häusern interessiert. In der Planung bis 2045 wurde geprüft, wie groß der Anteil der Bremer Häuser ist, der für die swb wirtschaftlich interessant genug ist, um auch dort Fernwärme anzubieten. Dr. Schneiker meint, das wären zum aktuellen Bestand von 15% allenfalls weitere 15%, so dass in rd 22 Jahren insgesamt rd 30% der Stadt Bremen an einem Fernwärmenetz angeschlossen seien.
Die swb werden bis 2035 rd 300 Mio € (lt Broschüre von 2020 200 Mio €) dafür ausgeben, zunächst die bestehende die Versorgung „kohlefrei“ und deutlich klimafreundlicher, aber nicht CO2-frei zu machen.
Wir rechnen ein bisschen, nur um uns ein Bild von diesen Aussagen zu machen.
Nehmen wir an, Dr Schneiker meint, große Häuser, die für Fernwärme interessant sind, haben mindestens 6 und im Mittel 16 Wohnungen.
Somit scheint folgende Rechnungen plausibel:
- 286.205 Wohnungen in Bremen (2011) / 118.743 Häuser = rd 2,4 Wohnungen pro Haus
- 150.000 Gebäude im Land Bremen (Wesernetz) / 140.130 Häuser in 2011 = +7% Zuwachs in den letzten 10 Jahren.
- 286.500 Wohnungen + 7% Zuwachs = rd 306.000 Wohnungen
- davon 15% = 45.900 Wohnungen die von den swb mit Fernwärme versorgt werden
- Mit 16 Wohnungen pro Haus = 2873 Häuser
Um diese Häuser kohlefrei zu machen, werden die swb rd 300 Mio ausgeben. Das bedeutet rd 104.000,– € pro Haus – wohlgemerkt ohne die bereits gehabten Investitionen in die vorhandene Infrastruktur.
Wenn man davon ausgeht, dass all das, was jetzt teilweise umgebaut werden wird, vielleicht auch schon 200 Mio € gekostet hat, Dann erhöht sich der Gesamtinvest für die Infrastruktur bis 2035 auf 173.900,– € pro Mehrfamilienhaus, oder rd 10.900,–€ pro Wohnung.
Wir wissen nicht, ob in der Investitionssumme die üblichen Kostensteigerungen, die im Verlauf solcher Großprojekte bis 2035 anfallen werden, enthalten sind.
Und nach den Worten von Dr. Schneiker kann die Fernwärme nur dann CO2-frei werden, wenn durch die Bundesregierung die Beschränkungen bei den Nutzung von CSS (Carbon Capture and Storage) beseitigt werden. Ansonsten bliebe es bei der bisherigen CO2-Belastung durch die Wärmeerzeugung mit Müll und Gas.
Der Grund liegt im Kohlendioxid-Speicherungsgesetz. Das Umweltbundesamt schreibt dazu: „Das KSpG lässt seit 2012 die Erforschung, Erprobung und Demonstration der CO2-Speicherung in begrenztem Ausmaß zu.“
Und weiter: „Problematisch ist vor allem der enorme zusätzliche Energieaufwand für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung. Der Einsatz der CCS-Technik erhöht den Verbrauch der begrenzt verfügbaren fossilen Rohstoffe um bis zu 40 Prozent.“
Selbst wenn wir diese enormen Zusatzkosten auf dem Weg in eine CO2-freie Zukunft nicht berücksichtigen, wollen wir versuchen, die Preise der beiden Alternativen für ein übliches mittleres Bremer-Haus zu vergleichen.
Wie das Gutachten von Prof Lütgemeyer zeigt, kann man in der Humboldtstr. von Häusern mittlerer Größe ausgehen. Dies bedeutet, dass wir zum Vergleich die Fernwärme-Infrastrukturkosten von 2,4 Wohnungen pro Haus heranziehen können.
Zu den Kosten eines Fernwärme- Hausanschlußes schreibt Wesernetz: In der Regel sind bei einer Umrüstung der Heizanlage auf Fernwärme mit Kosten zwischen 5000 – 10.000 Euro zu rechnen.
Dazu kommen noch die Anschlußkosten (ebenda) von 5.950 €.
Fassen wir zusammen:
Fernwärme:
2,4 Wohnungen * 10.900 € pro Wohnung = 26.200,– €
Umsrüstkosten (Mittelwert) 7.500,– €
Hausanschluß 5.950,– €
gesamt 39.600,– €
Zum Vergleich das genossenschaftliche Anergie-Netz:
Die Kosten der Anergienetz-Infrastruktur sind der Machbarkeitsstudie von Prof. Giel entnommen. Für 50 Häuser in Viertel-Qualität veranschlagt er Infrastrukturkosten für das Anergie-Netz von rd 1,1 Mio €.
Das wären pro Haus 22.000,– €.
zzgl Wärmepumpe (15 kW) 12.000,– €
zzgl Anschlußkosten 5.000,– €
gesamt 39.000,– €
Wir denken, wir sollten uns für das bereits von Anfang an CO2-freie Anergie-Netz entscheiden, das der Genossenschaft und nicht einem rendite-orientierten Unternehmen gehört und nicht noch 15 Jahre warten. Wer weiß, wie lange es noch Gas gibt, wie teuer dann die Fernwärme sein wird und was sonst noch alles passiert.
In diesen 15 Jahren hat die Genossenschaft die Investitionen in das Anergienetz getilgt. Und die bereits heute trotz des Investments mit Kosten einer Gastherme vergleichbaren Kosten für die verbrauchte kWh sinken dramatisch – für immer!