Aus der Süddeutschen Zeitung
Ein Artikel der digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 11.03.2022
Wirtschaft, 11.03.2022
Energiepreise
Das sind die Alternativen zu Gas und Öl
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Von Andreas Jalsovec
Das wird die teuerste Heizperiode seit Langem: Schon vor dem Ukraine-Krieg erreichten die Preise für Gas und Heizöl neue Rekordstände. Der anhaltende Konflikt und die Diskussion um einen Importstopp für russisches Öl und Gas hat die Notierungen für die beiden Brennstoffe weiter nach oben getrieben. Das hat auch Folgen für Verbraucher. Von September bis Februar sind die Heizkosten für eine Familie im bundesweiten Schnitt um fast 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das hat das Vergleichsportal Check 24 berechnet. Bei Heizöl macht das knapp 500 Euro mehr aus, bei Gas fast 600 Euro.
Wie es weitergeht, ist unsicher. Eine Entspannung jedenfalls ist nicht in Sicht. Viele Immobilienbesitzer fragen sich deshalb: Soll ich auch langfristig weiter mit Gas oder Öl heizen? Oder welche Alternativen gibt es sonst? Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Welche Zukunft hat das Heizen mit Öl und Gas?
Trotz der hohen Preise werden die beiden Brennstoffe wohl noch für längere Zeit die dominierende Rolle beim Heizen spielen. Rund die Hälfte der Wohngebäude in Deutschland wird nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW) mit Gas beheizt, ein weiteres Viertel mit Öl. Das zu ändern kostet Zeit. Der Umbau läuft aber schon. So wurden 2021 nach BdEW-Schätzungen in Neubauten zu mehr als 40 Prozent Wärmepumpen für die Heizung eingebaut. Gas lag noch bei gut einem Viertel, Heizöl bei 0,3 Prozent.
Der geringe Anteil an neuen Heizölanlagen hat mit dem Klimapaket der Bundesregierung zu tun. Ab 2026 ist der Einbau einer Ölheizung nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Hinzu kommt: Öl und Gas werden bis 2025 jedes Jahr stärker mit der CO₂-Steuer belastet. Das soll das Klima schützen. “Öl und Gas sind Auslaufmodelle”, sagt deshalb Hans Weinreuter, Fachbereichsleiter Energie und Bauen bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Zum Klimaschutz komme angesichts des Ukraine-Konflikts auch die Unsicherheit bei der künftigen Versorgung hinzu. Der Energieexperte rät daher zum Umstieg auf Heizsysteme, die mit erneuerbaren Energien funktionieren. Das sind vor allem Wärmepumpen, Holzheizungen oder Solaranlagen. Die Umstellung darauf funktioniere aber nicht kurzfristig, sie benötige Planung. “Damit sollte man möglichst frühzeitig anfangen”, sagt Weinreuter.
Was sind die ersten Schritte zur Umstellung?
Jedes Gebäude ist anders, sagt Alexander Steinfeldt von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft “co2online”. “Der erste Schritt ist deshalb, das Haus von einem unabhängigen Energieberater begutachten zu lassen.” Der Experte schaut sich die bestehende Heizung und die Dämmung der Immobilie an, schlägt Verbesserungen vor und prüft alternative Heizsysteme. Die Verbraucherzentralen etwa bieten mit ihren Energieberatern einen Heiz-Check an. Für 30 Euro bekommt man eine erste Einschätzung zur eigenen Heizanlage – und Handlungsempfehlungen zum möglichen Austausch.
Wer es umfassender angehen will, kann sich von einem Energieberater einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellen lassen. Der Berater beschreibt darin den energetischen Zustand des Hauses und zeigt auf, wie sich das Gebäude Schritt für Schritt sanieren und Energie einsparen lässt. Auch die neue Heizung ist Teil des Plans. Außerdem steht darin, was das Ganze kostet und mit welchen Fördermitteln man rechnen kann. Die Kosten für den Plan selbst bezuschusst der Staat mit 80 Prozent.
“Ein Sanierungsfahrplan ist auch dann sinnvoll, wenn man erst mal nur die Heizung tauschen will”, sagt Alexander Steinfeldt. Denn er betrachte das Haus als Ganzes – und die Heizung müsse immer aufs gesamte Gebäude abgestimmt sein. Für einen Termin mit einem Energieberater müssen Hausbesitzer allerdings Zeit einplanen. Die Experten seien bundesweit gut gebucht, heißt es bei den Verbraucherzentralen.
Welche Alternativen lassen sich kurzfristig umsetzen?
Eine Solarthermieanlage kann man mit jedem anderen Heizungssystem kombinieren. “Das funktioniert auch bei einer bestehenden Gasheizung”, sagt Alexander Steinfeldt. Das Ganze funktioniert so: Auf dem Dach werden Sonnenkollektoren montiert, die Flüssigkeit darin heizt sich auf. Diese Wärme wird so gespeichert, und bei Bedarf kann damit Wasser oder das Gebäude beheizt werden. Dadurch lassen sich bis zu 20 Prozent des Heizbedarfs ersetzen. “Eine solche Anlage kann eine Vorstufe zu einer kompletten Heizungsanlage mit erneuerbaren Energien sein”, sagt Steinfeldt. So lasse sich die Solarthermie etwa gut mit einer Holzheizung kombinieren.
Wer Solarenergie einsetze, sollte daher stets das gesamte Heizungssystem im Blick haben, rät auch Energieexperte Hans Weinreuter. Mitunter sei dabei auch eine Photovoltaikanlage die bessere Lösung. Dabei erzeugen die Solarkollektoren auf dem Dach Strom. Mit diesem könne man im Sommer, wenn viel Solarstrom anfalle, das Wasser aufheizen. “Im Zweifel lässt sich überschüssiger Strom auch ins öffentliche Netz einspeisen – oder fürs Aufladen eines Elektroautos nutzen”, sagt Weinreuter. Solche “Kopplungen” verschiedener Nutzungsarten für die Energie würden künftig immer wichtiger.
Was bietet sich langfristig an?
Das beliebteste Heizungssystem ist derzeit nach BdEW-Angaben die Wärmepumpe. Sie wandelt Wärme aus der Umgebung in Heizenergie um – also aus der Luft, dem Grundwasser oder der Erde. Am effizientesten arbeiten Wärmepumpen, wenn das Haus gut gedämmt ist und über Heizkörper mit großer Fläche verfügt, etwa Fußbodenheizungen. Die Technik sei mittlerweile jedoch so gut entwickelt, dass sie sich auch in Altbauten lohnen kann, meint Hans Weinreuter: “Dann muss man unter Umständen alte Heizkörper durch großflächigere ersetzen.”
Mitunter kann sich der Einbau auch schon vor einer Sanierung lohnen. Etwa, wenn man längerfristig plant, das Gebäude optimal zu dämmen und die alte Gas- oder Ölheizung auszutauschen. “Dann kann man schon jetzt mit der Wärmepumpe arbeiten und parallel die alte Heizung für die Verbrauchsspitzen nutzen”, so Weinreuter. Ist das Haus dann saniert, reicht die Wärmepumpe alleine aus.
Wo eine Wärmepumpe nicht sinnvoll ist, können Holzpellets eine Alternative sein. Geheizt wird dabei mit kleinen Stäben aus gepressten Holzresten. “Das Heizen mit Holz gilt als nachhaltig, weil beim Verbrennen nur soviel CO₂ freigesetzt wird, wie zuvor aus der Luft aufgenommen wurde”, sagt Alexander Steinfeldt. Für die Lagerung der Pellets braucht man allerdings Platz. Wer seine alte Ölheizung inklusive Öltanks austauscht, kann den Raum dafür nutzen.
Wie teuer kann das ungefähr werden?
Die Kosten für die Heizungsanlagen unterscheiden sich zum Teil deutlich. Die größten Investition kommt auf Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer bei der Wärmepumpe zu: 20 000 Euro und mehr sind keine Seltenheit (siehe Tabelle). Auch eine Holzpellet-Heizung ist in der Anschaffung in der Regel deutlich teurer als etwa eine Gasheizung. Allerdings fördert der Staat den Einbau einer Heizung auf Basis erneuerbarer Energien mit bis zu 35 Prozent. Wer seine Ölheizung austauscht, erhält sogar bis zu 45 Prozent.
Ob sich die Anschaffung unterm Strich lohnt, hängt auch von den Betriebskosten der Anlage ab. “Je höher die Preise für Öl und Gas sind, desto eher amortisiert sich im Vergleich dazu eine Heizung auf Basis erneuerbarer Energien”, sagt Hans Weinreuter. Allerdings: Der Betrieb der Heizungsalternativen kann künftig ebenfalls teurer werden. So fallen bei der Wärmepumpe vor allem Stromkosten an – und Strom ist in den vergangenen Jahren stetig teurer geworden. Auch Holz kann wegen seiner begrenzten Verfügbarkeit knapp und damit teuer werden. Dennoch sagt Energieexperte Weinreuter: “Wer sein Haus inklusive Heizung energetisch optimiert hat, ist künftig am ehesten vor Preisschüben sicher.”
Wie sieht es bei Mietern aus?
Die haben schlechte Karten. Wie im Haus geheizt wird, bestimmt nämlich der Vermieter. Für Mehrfamilienhäuser ist dabei die Fernwärme eine Alternative zu Öl und Gas. Dabei wird Abwärme aus der Industrie genutzt. Etwa jedes siebte Wohngebäude wird derzeit so beheizt. Mieter haben auf die Wahl der Heizungsart allerdings kaum Einfluss. Ihnen bleibe vor allem, “ihr Heizverhalten anzupassen”, sagt Alexander Steinfeldt. Soll heißen: sparsamer heizen. Helfen können dabei programmierbare Thermostate für die Heizkörper. Mit ihnen lässt sich die Raumtemperatur genau regeln. Eine Faustregel lautet dabei: Ein Grad weniger spart etwa sechs Prozent an Heizkosten.
Andreas Jalsovec
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Andreas Jalsovec schreibt im SZ-Wirtschaftsressort über Verbraucherthemen – von Strompreisen über die Geldanlage bis zur Altersvorsorge. Der promovierte Ökonom war bereits für etliche (Wirtschafts-)Redaktionen tätig, unter anderem für einen privaten Hörfunksender, ein Börsenmagazin, die Münchner Abendzeitung, die Schwäbische Zeitung und die Nachrichtenagentur epd. Er ist einer der ganz wenigen Menschen, die sich über Probleme mit Telefonfirmen, Handwerkern oder Banken freuen: Sie liefern ihm Stoff für neue Geschichten.